Gerade gelesen: FEIERABEND! Warum man für seinen Job nicht brennen muss

(von Volker Kitz; Fischer Taschenbuch 2017; 8,- €)

Ein schnell und vergnüglich zu lesendes Buch. Diejenigen, die die innere Kündigung erwägen, fühlen sich bestätigt; die anderen, die ihre Tätigkeit nicht nur als Job, sondern als Karriere oder gar Berufung (S. 65) betrachten, kommen vielleicht ins Grübeln.  Volker Kitz versucht, den Hype um Leidenschaft und Aufgehen in der Arbeit als kalkuliertes  Employer Branding zu demaskieren, das sich im Arbeitsalltag schnell abnutze oder sogar in Zynismus in der Belegschaft umschlage. Wenn er die Lebenslügen des Arbeitslebens beschreibt („Selbstverwirklichung“) ist er auch ganz solider Unternehmer: „Ein nüchterner Kopf liefert bessere Ergebnisse als ein leidenschaftstrunkener … Es sind scheinbar banale Dinge, deren Fehlen die täglichen Fehler auslöst: Sorgfalt und Zuverlässigkeit, Konzentration und Aufmerksamkeit“.

Dazu gehört auch ein kurzes Loblied auf die Routine – sie ist es, durch die wir wirklich gut im Job sind, oder wollen Sie mit einem Piloten fliegen, der Ihnen bei der Begrüßung vor dem Start sagt, dass jeder Flug für ihn eine Herausforderung ist?

Allerdings möchte ich mir als Leser doch eine Erkenntnis nicht nehmen lassen: Ein wenig Leidenschaft und Hingabe ist auch Grundlage dafür, dass wir in einer oder mehreren Dingen richtig gut sind. Sonst könnten wir die 10.000 Stunden, die wir nach Malcolm Gladwell brauchen, um in etwas meisterlich zu werden, nicht durchhalten. Nur sollten Arbeitgeber dies nicht mit leeren Parolen, gebrochenen Versprechen und demotivierendem Verhalten verhindern.

Apropos Employer Branding: Kleiner Tipp an alle Start-Ups und Firmen, die eine „Start-Up-Kultur“ pflegen wollen: Löschen Sie bitte Sätze wie: „And we offer the best coffee in town“ oder „Täglich frisches Obst“ oder „Dart und Kicker gehören bei uns natürlich dazu“ aus Ihren Stellenanzeigen und Social Media-Werbung.  Erstens machen das alle, ist also nicht mehr besonders aktuell. Zweitens fallen wirklich nur Berufsanfänger darauf herein, dass es dafür im Gegenzug eben 200 Euro weniger Gehalt gibt. Und drittens müssten Sie auch tatsächlich täglich das Obst mal auswechseln und nicht nur Montag früh. Allerdings: Kickern und Tischtennis zwischendurch bedeutet Bewegung in der Pause und ist wirklich hilfreich! Aber das muss ja nicht in die Stellenwerbung – Understatement mag ja old school sein, ist aber dennoch cool.